Technodruiden

Man muss nicht auf einem Baum im Wald leben um Druide zu sein. Fliegen kann man auch im vierunddreissigsten Stock eines grauen Betonklotzes. – Sogar im Gefängnis, denn die Gedanken sind frei! Eine sehr neue Variante von Druiden sind die daraus entstandenen Tekknodruids. Sie haben gelernt im Eisen und Betonwald dem Song der Erde zu lauschen. – Auch in der lebensfeindlichsten Zivilisationswüste lässt sich, wenn man gut hinhört, der Puls des Lebens vernehmen. Das An und Abschwellen des Verkehrs, die schwirrenden Flugzeuge, das stete Brummen des Molochs „Stadt“ mit seinem ewig rot glühenden Himmel. – Sogar in den sinnentleerten Gesichtern der Menschen welche in den Städten hektisch den vermeintlichen Notwendigkeiten ihrer eigenen Illusionen hinterher jagen.

Hin und wieder wirst Du inmitten dieser lebenden Toten einen ausgeglichenen, ruhigen Menschen mit leuchtenden Augen treffen. Manche dieser Neos oder Tekknodruiden bevorzugen die Stille der eigenen vier Wände – oder sie meditieren inmitten des grössten Gewühls, vermitteln eine vernehmbare Sphäre des Friedens, der Erholung und der Ruhe. Mein Meister, Horst Martin zählte zu dieser Kategorie…

Oft benutzen die Tekknodruiden nebst Räucherungen, Meditationen, der für Stadtmenschen unumgänglichen Spaziergänge und Wanderungen in der Natur auch besonders leise oder mitunter laute klassische, Trance, Goa oder Technomusik von Industrial bis Gabber zur Meditation. Was sie von anderen Technofreaks und Grossstadt-Schamanen unterscheidet ist der konsequente Drogenverzicht und die typische weltoffene, Natur- und lebensliebende Forschereinstellung aller Druiden.

Tekknodruiden achten peinlichst genau darauf, mit was sie sich beschäftigen. Das omnipräsente Medienkartell versucht täglich uns zu zwingen über bestimmte Sachen nachzudenken (Gewalt, Sex und Prominenz). Die schlaueren der Tekknodruiden verstricken sich weder in irgendwelchen abstrusen Verschwörungstheorien, noch schauen sie in Boulevardblätter oder die Glotze: Technodruiden schulen ihre Medienkompetenz entlang anderer Bedürfnisse als der Befriedigung tierischer Impulse: Sie suchen und finden, meist im Internet, sei es bei Wikipedia, Youtube, oder anderen Fachportalen gezielt nach den Inhalten, die sie interessieren. Von Nachrichten lesen sie bestenfalls im Web die gezielt vorgefilterten Schlagzeilen von Aggregatoren.

Eine grosse Gefahr der Tekknodruiden besteht in ihrer Einsamkeit. Wer den Weg der Alten einsam geht, riskiert ein gewisses Mass an Unsicherheit oder Realitätsverlust. Oft nutzen sie deshalb gezielt soziale Netzwerke wie Facebook oder Foren um sich mit anderen, Gleichgesinnten auszutauschen – und mit diesen möglichst „live“ zu treffen.

Mit zunehmendem Alter wandelt sich diese Art von Druiden, sofern sie nicht der grellen Gaukelwelt der Stadt erliegen oder vom Weg abwenden zu Druiden im eigentlichen Sinne: Druiden die den Beat der Bäume spüren, die Baseline des Windes, das Rauschen des Regens und die majestätisch dröhnende Stille auf dem Gipfel eines einsamen Berges. Die Erleuchtung im Fallen eines Wassertropfens – Die grosse Weltmusik des Einen Ewigen in Allem finden, und sich in Einklang mit ihr bewegen, das ist der Weg der Druiden, ob mit 260bpm oder im Klang des Ozeans.

Go see the big city young one – but don’t stay there!
Rat eines bekannten hawai’ianischen Kahuna-Hunas…