Der ewige Jahreskreis des Lebens

Der Kreis war und ist den Druiden heilig. Durch den Kreis lassen sich jegliche zyklischen Prozesse wie Tage, Monate, Jahre oder auch ein Menschenleben beschreiben und unterteilen. Die Höhe eines Punktes auf einem Wagenrad  beschreibt zudem sehr gut die Veränderung von zyklisch schwingenden Vorgängen, wie Atem und Biorhythmus. Es gab sogar eine griechische Druidenschule, welche eine komplette „heilige Geometrie“ begründete.  Vermutlich entstand daraus unsere heutige Geometrie. Aber bleiben wir beim Jahreskreis:

Die acht grossen Jahresfeste des Keltentums wurden nach dem Gang der Sonne und des Mondes gefeiert.
Die vier Sonnenfeste wurden dabei ursprünglich von den Männern, die vier Mondfeste von den Frauen geleitet.
Beide grossen Himmelslichter kommen gleichsam zu Ehren: Die Sonne, als „Auge des himmlischen Vaters“ prägt das Leben auf unserem Planeten wie kein anderer Himmelskörper. Ihre Feste sind die „Geraden oder grossen Feste.
Der Mond beeinflusst unter anderem durch seinen Gravitationseinfluss viele gewichtsabhängige Prozesse auf der Erde. Auch wer nicht dran glaubt, kann Ebbe und Flut nicht verneinen. Auch ausserhalb des Meeres ist diese Kraft einige Tage vor und nach Voll- und Leermond spürbar. Spannend daran ist, dass von einem zyklischen Kreisprozess, wie dem Jahr, auf einen anderen, wie zum Beispiel einen Tag oder ein Menschenleben geschlossen werden kann – Und die Orientierung innerhalb dieser stark erleichtert.
Durchgeführt wurden alle Feste gemeinsam und der Rolle entsprechend gleichberechtigt harmonisch ineinander greifend wie Tag und Nacht, Sommer und Winter, Einatmen und Ausatmen. (Hat hier jemand „Yin und Yang“ gehustet?) Selbstverständlich sieht das Ganze auf der Südhalbkugel genau umgekehrt aus. – Weihnachten im Hochsommer ist naiv-süss, aber bekloppt.

PS: Mögen mir die Puristen verzeihen, dass ich im Folgenden munter Analogien von Ost bis West zur Erklärung des Urgedankengutes verwende.

Yule,  Mittwinter, Lichtmess, 21. Dezember
Aus einer Zeit des Stillstandes, des Todes, der Kälte und der Dunkelheit wird die Hoffnung zur Winterwende am 21.Dezember, in Form des Lichtkindes geboren. Im Jahr wird dieser Abschnitt durch das Entzünden von Kerzen in der längsten Nacht, zum Yule, Lichterfest oder eben die geweihten Nächte  symbolisiert. So klein und empfindlich auch eine Flamme ist, so müssen doch alle Schatten immer weg von ihr fliehen. Es ist die Zeit der Hoffnung, des Ausharrens, der Innenschau und des Vertrauens, welche sich, wie der weisse Punkt zur Zeit des dunklen, weiblichen Yin, bilden. Bezüglich dem Menschenleben entspricht Yule dem Zeitpunkt der Geburt und dem Säuglingsalter, einem Zeitalter grosser Anstrengung und viel Hoffnung aber auch einem grossen Geschenk für alle Beteiligten. Dementsprechend ist die Farbe auch tiefstes Blau bis Schwarz, die zugeordnete Himmelsrichtung ist der Norden. Es ist die Mitternacht des Jahres. Tod und Wiedergeburt zugleich.

Imbolc, Frühlingsanfang, 2.Vollmond
Zur Zeit des zweiten Vollmonds des Jahres nimmt sowohl die Stärke der Sonne als auch die Tageslänge schon merklich zu. Das Lichtkind, welches zu Yule geboren wurde ist nun ein kleines Kind, welches zwar noch schwach und schutzbedürftig, unschuldig aber doch schon recht fröhlich auf seinem klassischen Schutztier, dem Bären einherreitet. Wie auch der Bär und das kleine Lichtkind, können wir uns durch (massvolle) Einnahme von (schadstofffreiem) Honig und Milch etwas Gutes gönnen. Auf ein Menschenleben umgerechnet entspricht das der Frühkindheit. Wichtig ist hier das Erlernen von Freude, Zuversicht, Gottvertrauen und in früheren Zeiten das Überleben von Kinderkrankheiten. Die zugeordnete Farbe ist ein Blaugrün. Zugeordnet irgendwo zwischen Norden und Osten. Es ist die Zeit der Morgendämmerung des Jahres.

Ostern (doch!),  Frühlingsäquinox, 21 März
Beginn des Frühlings! Aufmerksame Beobachter werden schon lange merken, dass die ersten Knospen schwellen und die ganze Natur in den Startlöchern sitzt. Eine Menge Tierchen, insbesondere die Hasen knabbern nicht nur verträumt am ersten Grün, sondern sind am Rammeln was das Zeug hält. – Ostern eben. (Oder was glaubst Du, warum der Hase die Eier bringt?) Das Lichtkind ist nun mitten in der Pubertät, differenziert sich sexuell und persönlich aus. Dabei kommt es zu allerlei närrischem Treiben, was sich jedes Jahr auch wieder sehr schön in mehr oder minder tabulosem Fastnachtstreiben ausdrückt. Die Kraft von männlichem und weiblichem Prinzip, von Tag und Nacht sind genau ausgeglichen. Erste Herzen werden erobert und gebrochen. Es ist die Zeit des Sturms und Dranges, Zeit der Lehr und Studienjahre. In unserer Gesellschaft bleiben viele Menschen hier stehen, weil sie lieber endlos frühlingshaft hedonisieren möchten. Doch seid gewarnt: Euer Körper und euer Geist schreiten unablässig im Jahreskreis fort, unabhängig von harmonischem oder versäumtem Verhalten! Zugeordnet ist dem Frühling, na was wohl? – Grün natürlich, welches allenthalben spriesst. Und Ostern heisst nicht um sonst so: Die zugeordnete Himmelsrichtung ist der Osten. Es ist der Sonnenaufgang des Jahres. Ursprünglich könnte dies der Anfang des Jahres gewesen sein, an dem der Vogel der Zeit sein Kästchen (Ei) öffnet und die Sonne (Eigelb) wieder den ihr zustehenden Platz einnimmt. Doch wer will in einem Kreis den Anfang benennen?

Beltain, Sommeranfang, 5. Vollmond
Irgendwann, meist im Mai, ist die schönste, die hohe Zeit des Jahres. Das Lichtkind ist, zusammen mit der Natur in der Höhe seiner jugendlichen Kraft und Schönheit. Zur Walpurgisnacht, oder eben Beltain hält es zusammen mit der gesamten Natur Hochzeit. Über die Symbolik des Maibaums oder des „Sprungs durchs Feuer“ mag jeder denken, was er will. – Es ist die Zeit der Befruchtung und die Erfüllung sowohl für Mann als Frau. Übrigens kann das Lichtkind auch als männlich betrachtet werden. Dann ist dies die Zeit, in der die volle Manneskraft zur Zeugung eingesetzt wird. Es ist die Zeit Verantwortung für sich und seine Taten zu übernehmen. – Zeit aktiv eine Familie, ein Königreich oder was auch immer zu gründen. Die zugeordnete Farbe ist ein Gelbgrün, die Himmelsrichtung ist irgendwo zwischen Osten und Süden. Es ist der späte Vormittag des Jahres

Sommersonnenwende, Mittsommer, 21. Juni
In der Mitte des Sommers ist die Macht der Sonne und des männlichen Prinzips am stärksten. Jetzt heisst es Leistung erbringen, sei das durch Schaffenskraft, im geistigen Bereich oder schöpferisch. Jetzt produziert die Natur mit Höchstleistung. Von der Ähre bis zum Apfelbaum: Jetzt wird produziert! Für uns Menschen ist dies das Alter der höchsten Leistung, je nach Person(!) zirka  von fünfundzwanzig bis etwa fünfundvierzig. Doch inmitten der grössten Kraft des schöpferischen Yang-Prinzips findet sich immer der erste Punkt des dunklen Yin. – Nichts kann ewig so gleich bleiben. Je nach Sozialisierung und persönlicher Präferenz ist dies auch die Zeit der andauernden Verbindung und des Familienzusammenlebens. (Und dass mir hier Keine „Chauvi“ kräht!) Die Farbe ist Gelb wie die Sonne im Sommer, die Himmelsrichtung ist Süden. Es ist der Mittag des Jahres und des Lebens.

Lughnasad, Schnitterfest, Herbstbeginn, 8. Vollmond
Schnitterzeit! Die gelben Garben werden nun eingefahren. Die Tage und die Kraft der Sonne werden bereits kürzer. Es ist die Zeit, produzierte Güter und Vieh auszutauschen, der Jahres- oder eben Jahrmarkt wird zu diesem Zeitpunkt gehalten. Früher oft verbunden mit Festspielen, vergleichbar der Olympiade. Auf dem Weg des Mannes ist er nun der Meister, welcher nach Gesellen und Handwerkerzeit in irgend einer Form den Höhepunkt seiner Kunst erreicht hat. – Doch seine wie auch ihre Potenz und Libido lassen bereits nach, was Anlass zu Seitensprüngen beider Seiten und daraus resultierendem Verderben sein kann.  Schon manchem „Bock“ oder „Hirsch“ wurde zu dieser Zeit die „Hörner“ aufgesetzt. Nicht umsonst stehen Sifs Goldene Haare auch für das Korn. Die Farbe ist ein warmes Orange, die Himmelsrichtung ist irgendwo zwischen Süden und Westen. Es ist der Nachmittag, oder eben das „Schäferstündchen“ des Jahres und des Lebens.

Herbstäquinox, Erntedank, 21.Sptember
Die Früchte des bisherigen Lebens werden jetzt, ob erwünscht oder unerwünscht eingefahren. Was man im Frühling nicht ansäht, kann man im Herbst nicht ernten! Was man im Sommer verschläft oder im Herbst „verbockt“ auch nicht. Das gilt fürs Leben, Familie und Freunde gleichsam. Das Lichtkind ist nun am Leben gereift. Noch nicht wirklich alt, aber auch nicht mehr auf der Höhe der Kraft verströmt es, wie ein Apfel, eine Reife, mütterliche Stärke und materiellen Reichtum, die ihresgleichen suchen.  Es ist auch die Jagdsaison: Manch einer, dem zuvor Hörner aufgesetzt wurden, bricht nun auf zur wilden Jagd auf Hirsch oder Eber, und erlegt am Schluss doch nur sich selbst. Es ist nun wieder Gleichstand zwischen Tag und Nacht, weiblichem und männlichem Prinzip. Ab nun beginnt langsam aber unaufhörlich die Herrschaft des dunklen Prinzips. Die Farbe ist ein tiefes Blutrot, die Himmelsrichtung ist der Westen. Es ist die Zeit des Sonnenuntergangs.

Samhain, Winteranfang, 11.Vollmond
Zeit des Winters, der inneren Ruhe und des Alters der Weisheit. Der kalte Wind fegt die letzten Blätter von den Ästen, Die Zugvögel haben sich in den Süden verzogen und die Dunkelheit nimmt täglich zu. Es ist die Zeit in der das Lichtkind sich zur Alten wandelt, die als Grossmutter den Ihren mit dem Rat ihrer Weisheit zur Seite steht.  Doch die Tore der Unterwelt öffnen sich bereits und die Grenze zwischen Diesseits und Jenseits, dem Reich der Frau Holle wird dünn. Auch in der männlichen Ausprägung ist es eine Zeit der Milde, gewonnen durch Reife und Vergebung. Innere Einkehr und Frieden. Durch Selbstopfer und Loslassen ist schon so mancher „Wuotan“ gereift und wie Odin im hohen Alter endgültig zum gütigen Herrscher über sein eigenes Königreich geworden. – Der Weihnachtsmann ist nicht um sonst so alt. Er symbolisiert das alte Jahr in seiner würdigsten Form, bevor er endgültig in die Nacht entschwindet. In der Schweiz heisst er sogar noch wie Samhain „Sami-Chlaus“. Die Farbe ist violett, die Himmelsrichtung Nordwesten. Es ist die Zeit der beginnenden Nacht.
Zu Samhain, bei Vollmond des 11 Monats enden die letzten Energien des Sommers endgültig und die Pflanzen gehen schlafen. Krautige Pflanzen ziehen sich entweder in ihre Wurzeln zurück, oder überdauern als Samen im Schoss der Mutter Erde. – Es sind Wurzelkinder, welche nun vertrauensvoll in den Armen von Mutter Gaia ihren Winterschlaf unter der weissen Decke von Mutter Holle beginnen. Die grossen, verholzten Sträucher und Bäume ziehen ihr Bewusstsein aus den Blättern zurück und werfen sie ab, um nicht unter der Schneelast zu brechen und ziehen sich weit in sich zu einem langen, tiefen Winterschlaf, verborgen im Stamm im Kern ihrer selbst zurück. Loslassen, zur Ruhe kommen und in sich gehen, das sind die Energien von Samhain. Das Jahr ist alt, seine Kräfte schwinden und bald wird es in tiefster Nacht für immer von uns gehen. Das Bewusstsein der Schönheit des vergangenen Lebens sowie eines neuen Erwachens in einem neuen Frühling geben dem alten Jahr, dem Samhains-Klaus oder Samichlaus dabei den tiefen inneren Frieden, um mit letzter Kraft, noch einmal seine Gaben, sämtliche Früchte seines Wirkens an die Kinder, die neue Generation zu verschenken, bevor er einsam in die eisige Finsternis entschwinden muss.
Deshalb auch, um die Jahre und Menschen zu ehren, welche vor uns gegangen sind und auf den Früchten deren Wirkens wir unseren Wohlstand bauen, ist es Sitte und Brauch, zu Samhain die Toten zu ehren. – Eingedenk das es unserem Handeln obliegt, ob unsere Nachfahren sich unser dereinst ebenso erinnern werden.
Dazu trugen die Alten wortwörtlich ihr Licht in den Schoss von Mutter Erde. In Tumuli, also gedeckten Hühnengräbern oder Höhlen wurde in stiller Dankbarkeit der Alten und ihrer Taten für den Stamm gedacht. Es wurde des Jahres und des eigenen Lebens gedacht. In Stille gingen die Alten, wie das Jahr in sich, um während des Winters durch Reflektion des Vergangenen zu reifen. Es bringt in Zeiten des Niedergangs nichts, sich gegen denselben zu wehren. – Nutze vielmehr die Kräfte der stillen Bescheidenheit, um im Inneren zu reifen, Deine Saat, Deinen Kern auch in grösster Kälte nicht zu verlieren. Es ist nicht die Zeit für grosse Aktivitäten, sondern der Beginn der Zeit stiller Kontemplation.

Jetzt rat mal, was darauf folgt? Hm? – Sowohl im Jahr, als auch nach der Nacht, als auch auf der Reise einer Seele? – Falls Du nicht drauf kommst, einfach HIER weiterlesen.